Zukunft gestalten mit Daten und Systemen: Nachhaltigkeit in der Wirtschaftsinformatik lehren

Nachhaltigkeit ist längst mehr als ein Umweltbegriff. Sie betrifft die Art, wie wir wirtschaften, wie wir Technologien gestalten – und wie wir darüber lehren. Gerade in der Wirtschaftsinformatik (WI), die an der Schnittstelle von Wirtschaft, Technik und Gesellschaft operiert, besteht enormes Potenzial, Nachhaltigkeit strategisch und methodisch in die Lehre zu integrieren.

Der folgende Beitrag bietet einen vertieften Überblick über didaktische Methoden, zentrale Themenfelder und zeigt auf, wie sich Nachhaltigkeit mithilfe des Frameworks der FH Aachen zur Entwicklung von Studium und Lehre konkret und wirkungsvoll in Module der Wirtschaftsinformatik (kurz WI) verankern lässt.

Warum Nachhaltigkeit in der Wirtschaftsinformatik?

Wirtschaftsinformatik steht für die Gestaltung digitaler Systeme, die Unternehmen effizienter, datengetriebener und vernetzter machen. Doch diese Systeme formen auch Gesellschaften – und werfen zentrale ethische, soziale und ökologische Fragen auf:

  • Wie lassen sich IT-Systeme ressourcenschonend betreiben?
  • Wie können Algorithmen und Datenmodelle Nachhaltigkeitsziele mit ökonomischem Erfolg verbinden?
  • Wie sieht digitale Verantwortung in datengetriebenen Geschäftsmodellen aus?

Didaktische Methoden zur Integration von Nachhaltigkeit

1. Fallstudien zu digitalen Zielkonflikten

Realitätsnahe Business Cases verdeutlichen die Spannungsfelder zwischen Effizienz, Ethik und Ökologie:

Beispiel: Ein Unternehmen möchte auf Cloud-ERP1 umstellen. Die Studierenden analysieren Stromverbrauch, DSGVO-Konformität2, Anbietertransparenz und ökologische Lieferketten.

  • Didaktisches Ziel: Förderung systemischen Denkens, SDG-Abwägung, Entscheidungsfähigkeit unter Unsicherheit.
  • Bezug: SDG 9 (Industrie, Innovation und Infrastruktur)3, SDG 12 (Nachhaltiger Konsum)4
2. Ethik-Sprints und digitale Wertediskussionen

Mit kurzen, intensiven Workshop-Formaten („Sprints“) reflektieren Studierende die sozialen und normativen Folgen digitaler Systeme:

  • KI-gestützte Bewerbungsverfahren – diskriminierungsfrei?
  • Wie wirken sich Datenpraktiken auf gesellschaftliche Teilhabe aus?
3. Werkstattformate mit Impact-Fokus

In Gruppen entwickeln Studierende digitale Prototypen mit Nachhaltigkeitswirkung:

  • CO₂-Tracker für Geschäftsprozesse
  • Chatbot für nachhaltigen Konsum
  • Open-Data-Dashboard für Energieverbrauch
4. Data-for-Good-Projekte

Projektformate mit realen Datenquellen stärken datenanalytische und soziale Kompetenzen zugleich. Beispiele:

  • Mobilitätsanalysen für die Stadt
  • KI für Lebensmittelverschwendung
  • CO₂-Bilanzierung von Geschäftsreisen

Tools, die Datenwissenschaftler:innen bei ihrer Arbeit unterstützen sind u.a.: Jupyter, Python (pandas, seaborn), Tableau, Power BI

Erweiterung: Kooperationsprojekte mit NGOs oder kommunalen Einrichtungen.

5. SDGs als Projektrahmen

Die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) bieten ein starkes didaktisches Strukturprinzip:

  • Studierende wählen ein SDG (z. B. „Industrie, Innovation und Infrastruktur“) und entwickeln einen passenden Use Case.
  • Reflexion erfolgt entlang von SDG-Wirkung, Zielkonflikten, Stakeholderanalyse.

Gut geeignet für u.a.: Projektseminare, Abschlussarbeiten und interdisziplinäre Hackathons.

Verzahnung mit dem Framework der FH Aachen

Die Methoden lassen sich direkt entlang des Frameworks einordnen:

Framework-KomponenteNachhaltigkeitsbezug in WI
Curriculare LernzieleSystemisches Denken, zukunftsorientierte Problemlösung, kritische Reflexion
Lehrmethoden & FormateProjektarbeit, Ethiksprints, Fallstudien, datenbasierte Problembearbeitung
Strategie & KulturIntegration in Fachbereichsstrategie, Impuls für Leitbilder und Visionen
Inter- und TransdisziplinaritätKooperation mit Sozial-, Umwelt- und Wirtschaftswissenschaften
Gelebte NachhaltigkeitDigitale Lehrmaterialien, papierloses Arbeiten, reflektierter Medieneinsatz

Unterstützungsangebote durch das ZHQ

Lehrende, die ihre WI-Module nachhaltig weiterentwickeln möchten, erhalten durch das ZHQ:

  • Beratung zur methodischen Integration von Nachhaltigkeit
  • Materialien und Best Practices
  • Unterstützung bei der Anwendung des Frameworks
  • Workshops und Austauschformate, z. B. zum Thema SDGs in der Lehre

 Kontakt: Imke Minrath, [email protected]

Weitere Literatur zur Nachhaltigkeit in der Wirtschaftsinformatik:

  1. Bei Cloud ERP handelt es sich um Software für Enterprise Resource Planning, auf die über das Internet zugegriffen werden kann. Unternehmen haben damit unabhängig von Zeit und Ort Zugang zu ihren geschäftskritischen Anwendungen – und profitieren von den nahezu grenzenlosen Skalierungs- und Innovationsmöglichkeiten. ↩︎
  2. DSGVO-Konformität für eine Website bedeutet, neu zu überdenken, was Daten sind. Es geht darum, Nutzer und deren Privatleben zu respektieren und ihre Einwilligung zur Nutzung jeglicher Details über sie und ihr Leben einzuholen, bevor die Datenerhebung und -verarbeitung stattfindet. ↩︎
  3. Das SDG9 lautet: Eine widerstandsfähige Infrastruktur aufbauen, breitenwirksame und nachhaltige Industrialisierung fördern und Innovationen unterstützen (Quelle: bmz.de ) ↩︎
  4. Das SDG12 lautet: Nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster sicherstellen (Quelle: bmz.de) ↩︎

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Imke Minrath
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