Erfahrungen mit Flipped Classroom in der Mathematik

Seit rund zehn Jahren setze ich in meinen Mathematikveranstaltungen auf das Konzept des Flipped Classrooms – mit durchweg positiven Erfahrungen. Der Ansatz erlaubt nicht nur eine flexiblere Stoffvermittlung, sondern auch die Integration moderner Lernformen wie Gruppenarbeit und projektbasiertes Lernen. In diesem Beitrag möchte ich einen kleinen Einblick geben, wie ich das Konzept in zwei Varianten umsetze, was gut funktioniert – und was die Studierenden dazu sagen.

Warum Flipped Classroom in der Mathematik?


Mathematik ist ein Fach, das von Übung, Wiederholung und aktiver Auseinandersetzung lebt. Mir war frĂŒh klar: Wenn ich die PrĂ€senzzeit dafĂŒr besser nutzen will, muss die reine Wissensvermittlung raus aus dem Hörsaal – und rein in eine flexible, selbstgesteuerte Phase. Daraus entstand mein Flipped-Classroom-Ansatz, den ich seither stetig weiterentwickle.

Die „100 % Version“: Selbstlernen mit PrĂ€senz-Sprechstunden


Diese Variante setze ich in der Mathematik I bei den dualen PLuS-Studierenden ein. Diese sind im ersten Studienjahr stark in ihre betriebliche Ausbildung eingebunden – klassische Vorlesungen sind da kaum möglich. Deshalb habe ich den Stoff in dreiwöchige Lerneinheiten aufgeteilt:

  • Lernmaterialien: kurze Videos (max. 10 Minuten), AufgabenblĂ€tter und ILIAS-Tests
  • Ablauf: Selbststudium ĂŒber drei Wochen
  • PrĂ€senzphase: Sprechstunde alle drei Wochen mit Gelegenheit zum Fragenstellen, gemeinsames Rechnen und Besprechen

Die Studierenden schĂ€tzen die FlexibilitĂ€t sehr – und machen die Lernform zu ihrer eigenen:

„Lernen per Videos ist toll. Ich liege abends ganz chillig auf dem Bett, nehme mein Tablet und gucke noch ein wenig Mathe-Videos.“


„Im Sommer haben wir uns getroffen, auf der Terrasse einen Beamer aufgebaut, gegrillt und dann zusammen Mathe-Videos geschaut und Mathe gemacht.“

Die „Light-Version“: Stoff verlagern, Raum gewinnen


In der klassischen Studierendengruppe nutze ich Flipped Classroom selektiv – als Möglichkeit, Inhalte aus der PrĂ€senz in die Heimarbeit zu verlagern, um wertvolle Zeit im Hörsaal fĂŒr Interaktion zu gewinnen.

  • Lernmaterialien: wieder kurze Videos und Aufgaben zur Vorentlastung
  • PrĂ€senzphase: Mischung aus klassischer Vorlesung (mit Fokus auf Anwendung und Vertiefung), Übungen und neu: Gruppenarbeiten und projektbasiertes Lernen.

Der „Flipp“ ermöglicht hier nicht nur mehr Raum fĂŒr Diskussion und Anwendung – sondern schafft sogar Platz fĂŒr neue didaktische Ziele.

Fazit:


Flipped Classroom ist fĂŒr mich lĂ€ngst mehr als eine Methode – es ist eine Haltung zur Lehre: Die Studierenden ernst nehmen, ihnen Verantwortung geben, und gemeinsam LernrĂ€ume gestalten. Und wenn dabei noch Mathe auf der Terrasse beim Grillen stattfindet – umso besser.

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Portraitfoto Martin Pieper
Martin Pieper
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Professor fĂŒr Mathematik und Simulation
Dekan des Fachbereich 10 - Energietechnik
Mitglied:
Senatskommission fĂŒr Studium und Lehre
Institut NOWUM-Energy

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