Eine außergewöhnliche Praxiserfahrung für Studierende der Architektur – auch im Sinne der Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE)

Sylvia Carola Schuster hat als Lehrbeauftragte im Bachelor-Studiengang Architektur im Rahmen der Semesteraufgabe im Modul Baumanagement ihren Studierenden eine besondere Praxiserfahrung ermöglicht, indem diese gruppenweise bei der Sanierung hochwassergeschädigter Häuser unterstützten.

Als im Juli 2021 auch unsere Region stark von dem Hochwasser betroffen war, wollte Sylvia Schuster den Betroffenen helfen und so entstand ihre „Initiative Wiederaufbau“. Eine detaillierte Beschreibung der Projektentstehung ist auch in ihrem Blog Projektitekt · Wiederaufbau Städteregion Aachen & Nordeifel nachzulesen.

Sie wollte mit ihrem Fachwissen, ihrem Netzwerk in der Planungs- und Baubranche und in ihrer Rolle als Lehrbeauftragte der FH Aachen all diese Potentiale bündeln, um die Betroffenen zu unterstützen, ihre Häuser schnell wieder in einen bewohnbaren Zustand zu bringen.

Was war die Aufgabe der Studierenden in der ehrenamtlichen Initiative?

Die Studierenden sollten für betroffene beschädigte Objekte im Rahmen ihrer fachlichen Möglichkeiten ein Konzept entwickeln, wie diese sinnvoll wiederaufgebaut oder saniert werden können. Hierbei sollten alle relevanten Aspekte des Baumanagements, die die Studierenden parallel im Rahmen der Vorlesung kennenlernten, beachtet werden (z.B. Kostenkalkulationen, baurechtliche Faktoren). Dabei war klar: Schäden bewerten können natürlich nur Fachleute. Aber bei der Planung und Koordination unterstützen und als angehende Architekt:innen Vorarbeiten leisten, die den überlasteten Fachleuten die Arbeit erleichtern, ist eine große Hilfe.

Im Wintersemester 21/22 wurden die ca. 80 Studierende in zwei- bis dreier Gruppen auf 8 ausgewählte Objekte aufgeteilt, die vorab durch Fachleute des BDB (Bund Deutscher Baumeister e.V.) begutachtet worden waren, so dass Frau Schuster sicherstellen konnte, dass sie sich für die Aufgabe eigneten. Somit war die erforderliche Ausgangsbasis für die weitere Bearbeitung geschaffen. Da mehrere Kleingruppen am gleichen Objekt arbeiteten, mussten die Studierenden sowohl ihre Kommunikation untereinander, eine interne sinnvolle Aufgabenverteilung, als auch die Kommunikation mit Externen organisieren. Dazu gehörte beispielsweise die Kommunikation mit den Bauherren, das Beschaffen von Unterlagen zum Objekt, Feuchtemessungen etc. Den aktuellen Arbeitsstand, Fragen und Schwierigkeiten haben die Studierenden im Rahmen der Übung regelmäßig untereinander und mit der Dozentin besprochen. Als Prüfung haben die Studierenden ihre Konzepte vorgestellt. Bei der Bewertung stand vor allem die Reflektion auf die Gruppenarbeit und auf die gelebte Fehlerkultur im Vordergrund.

Am Ende wurden die Arbeitsergebnisse und Konzepte gebündelt von Sylvia Schuster an die Bauherren übergeben und stellten so eine wertvolle Grundlage dar, mit der die zu dem Zeitpunkt überlasteten Fachleute gut weiterarbeiten konnten.

Was machte diese „praktische Übung“ für die Studierenden so besonders?

Die Aufgabe war real und die Studierenden tauchten in die „echte Arbeitswelt“ ein. Es waren konkrete Objekte mit Schäden, Schicksalen und Schwierigkeiten. Die ursächliche Naturkatastrophe spielte hierbei zusätzlich an vielen Stellen eine besondere Rolle. Die Bauherren bzw. Eigentümer:innen waren in einer Ausnahmesituation, so dass neben der Beratung der Fachdisziplinen des Bauwesens auch die Betreuung durch psycho-soziale Berater:innen erfolgen musste. So konnten die Studierenden erste Erfahrungen machen, sich in einem sehr interdisziplinären Umfeld einzubringen und zu erkennen, wann die Unterstützung der anderen Disziplinen hilfreich oder nötig war. Aber auch Möglichkeiten aufzuzeigen, im Rahmen der Sanierung auf ökologisch nachhaltigere Wege zu setzen, war Teil der Konzeptentwicklung. Gleichzeitig wurden die Studierenden oft mit dem Spannungsfeld zwischen Ökologie und Ökonomie konfrontiert und haben erlebt, dass oft die Kosten und nicht die Nachhaltigkeit entscheidend sind. Bei der Konzeptentwicklung klimabedingte Wetterveränderungen zu berücksichtigen, war hierbei auch ein besonderer Aspekt.

Insgesamt hat sich den Studierenden mit dieser Praxisaufgabe eine umfangreiche Gelegenheit geboten, ein Objekt systematisch zu analysieren, Lösungsvorschläge im Team zu erarbeiten und zukunftsorientiert zu lösen. Dadurch wurden die Studierenden befähigt, diese Erfahrungen im Umgang mit nachhaltigen Aspekten in ihre zukünftigen Arbeit als Architekt:innen einzubringen.

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Sarah Vieler
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