Die Sache mit der Neugier…

Für die Zukunft brauchen wir dringend neugierige Wissenschaftler!

Ich wurde kürzlich (von Deutschlandfunk Nova) interviewt zu der Frage, ob Neugier den Studienerfolg positiv beeinflusst und die Antwort ist: Nicht direkt. Dies schien überraschend zu sein und das wiederum hat mich überrascht. Tatsächlich ist es auch nicht so leicht zu verstehen, warum die Eigenschaft Neugier einem nicht direkt dabei hilft, das Studium zu bewältigen, schließlich geht es ja um die Wissenslücken, die man schließen möchte. Unsere Forschung gibt dazu auch keinen Aufschluss. Hier sind zwei mögliche Gründe, weshalb Neugier nicht direkt dazu beiträgt, dass man ein Studium bewältigen kann:

  1. Neugier ist ein Mechanismus, der stark mit Autonomiestreben gekoppelt ist: Es geht neugierigen Menschen also vor allem darum, selbstständig, eigens identifiziert Wissenslücken zu füllen. Der Studienerfolg ist vor allem in den ersten Semestern gefährdet und in diesen gibt es in vielen Studiengängen wenig Gelegenheiten, selbstständig Wissenslücken zu identifizieren und zu schließen. Es geht vielmehr darum, sich von Lehrpersonen festgelegtes Wissen anzueignen. Das ist einfach nicht dasselbe, auch wenn es beides Mal um Wissen geht.
  2. Neugier ist am stärksten ausgeprägt, wenn man einen mittleren Wissensstand hat. Der ist zu Studienbeginn vermutlich noch nicht vorhanden. Wenn also zu viel Lücke ist, man einen geringen Wissenstand hat, ist die Neugier nicht so stark und kann einem dann auch nicht als Antrieb helfen.

Die gute Nachricht ist: Es gibt mittlerweile auch Studiengänge, die forschendes Lernen bereits in der Studieneingangsphase einführen. An der FH Aachen macht sich z.B. der Fachbereich 3 auf den Weg (siehe Beitrag „Exploratives und forschendes studienbegleitendes Lernen …“). Das HUL der Universität Hamburg hat zu forschendem Lernen exzellente Materialien zusammengestellt: http://inselderforschung.org/.

Meine These ist, dass durch forschendes Lernen auch neugierige Menschen dabei unterstützt werden können, auf dem langen beschwerlichen Weg durchs Studium durchzuhalten. Für die Zukunft brauchen wir dringend neugierige Wissenschaftler.

Hier geht es zum Interview (ab ca. Minute 10).

Den Artikel, auf dessen Grundlage das Interview stattfand, habe ich gemeinsam mit Vanessa Jänsch geschrieben. Hier die Literaturangabe:

Barnat, M. & Vanessa K. Jänsch (2019): Forschendes Lernen und Studienerfolg: die Bedeutung epistemischer Neugier. In: Reinmann, G. Lübcke, E. & A. Heudorfer (Hrsg): Forschendes Lernen in der Studieneingangsphase – Empirische Befunde, Fallbeispiele und individuelle Perspektiven. Springer VS, S. 93-109

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Miriam Barnat
Prof. Dr. rer. pol. Miriam Barnat
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2 Kommentare

Danke für den tollen Beitrag! Mich motiviert das in unserem forschenden Lehrkonzept Wissenslücken ausfindig zu machen und zu füllen.

Interessanter Artikel! Neugierige Studierende können z.B. an der Winter School oder Summer School teilnehmen. Dort gibt es viele Möglichkeiten, die selbst festgestellten Wissenslücken zu füllen, insbesondere im Bereich der Future Skills.

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