Gemeinsam mit der TH Köln und der FH Kiel hat die FH Aachen 2020 zwei Befragungen unter Studierenden und Lehrenden zu Studium und Lehre zu Beginn der Coronapandemie durchgeführt, deren Ergebnisse nun in zwei Artikeln im Sammelband Forschungsimpulse für die Hochschulentwicklung im Kontext hybrider Lehre erschienen sind. Diese Ergebnisse sowie Handlungsempfehlungen der Autorinnen und Autoren werden im Folgenden kurz zusammengefasst:
Schareck, Jörissen, Metzger & Faßbender (2021) Was lässt Online-Lernen gelingen? Studentische Bewertungen von Corona-Studienangeboten im Sommersemester 2020:
Die hochschulübergreifende Studierendenbefragung zum coronabedingten Online-Studium mit 4.059 Befragten zeigt mittels mehrerer multipler Regressionsanalysen, dass wesentliche Einflussfaktoren auf die studentische Einschätzung des Online-Semesters in der Konzentration der Studierenden auf das Studium, der Kommunikation mit Lehrenden sowie in der Klarheit der Aufgaben zum Selbststudium liegen. Strukturelle Merkmale wie die Hochschule, das Studienfach und das Fachsemester vermögen nur 2% der Varianz in der Gesamtbewertung („Im Großen und Ganzen läuft dieses Semester bisher für mich…“ (sehr gut – sehr schlecht)) zu erklären. Durch Hinzunahme der drei genannten Variablen Konzentration, Kommunikation mit Lehrenden und Klarheit von Selbststudienaufgaben steigt dieser Anteil auf 51% und sie eignen sich somit sehr gut für die Vorhersage der Gesamtbewertung. Darauf aufbauend diskutieren die Autorin und Autoren mögliche Schlussfolgerungen. Zur Steigerung der Konzentrationsfähigkeit der Studierenden schlagen sie unter anderem eine klare Strukturierung von Lehrinhalten und aktivierende Lehrmethoden vor. Im Bereich der Kommunikation empfehlen die Autorin und Autoren mögliche Begegnungsräume wie permanent offene virtuelle Lernräume, Breakout-Sessions in der Veranstaltung oder die Anwesenheit der Lehrperson vor und nach einer Veranstaltungssitzung direkt zu Beginn des Semesters zu etablieren und somit die Standards für die erwartete und ermöglichte Kommunikation für das ganze Semester zu setzen.
Jörissen, Metzger, Schareck & Friede (2021) zu „Gelingensbedingungen digitaler Lehre im Sommersemester 2020 − Ergebnisse einer hochschulübergreifenden Lehrendenbefragung“:
In der hochschulübergreifenden Befragung von 471 Lehrenden der drei Hochschulen wird der Frage nachgegangen, wodurch sich graduelle Unterschiede des didaktischen Gelingens (gemessen anhand einer etablierten Skala zu den wesentlichen als lernförderlich bewerteten didaktischen Handlungen nach Prenzel und Drechsel, 1996) als auch der Interaktion mit den Studierenden im Vergleich zu Vorsemestern erklären lassen.
Als Ergebnis multipler Regressionsanalysen zeigt sich, dass für das didaktische Gelingen Plattformen zum Datenaustausch und Abstimmungstools hilfreiche Instrumente darstellen. Auf die Bewertung der Lehrenden zu der Interaktion mit Studierenden wirken sich hingegen der Einsatz von Vorlesungsaufzeichnungen und Foren positiv aus. Für beide Aspekte war zudem relevant, ob die Bibliothek über ausreichende Online-Ressourcen verfügte und letztlich zentral, wie häufig Lehrveranstaltungen diskursiv-interaktiv oder handlungsorientiert-praktisch (im Gegensatz zu vortragsbasiert) gestaltet waren. Den Lehrenden gelang ihre Lehre hinsichtlich der didaktischen Herausforderungen und der Interaktion mit den Studierenden weniger gut, wenn sie vornehmlich vortragsbasierte Lehre anboten und seltener auf die genannten lernförderlichen digitalen Hilfsmittel zurückgriffen. Dass Interaktion in diskursiv-interaktiven oder handlungsorientiert-praktischen Lehr-/Lernformen besser gelang, scheint plausibel, denn in Formaten, in denen Studierende qua Lehrmethode mehr Beteiligungsmöglichkeiten haben als in vermittlungsbasierten Lernformen, hat Interaktion einen höheren Stellenwert und es ist mehr Raum dafür vorgesehen.
Der positive Einfluss von Foren auf die Interaktion mit Studierenden könnte den Autorinnen und Autoren zufolge darin begründet liegen, dass diese eine direkte Möglichkeit zum Austausch mit und unter Studierenden geboten haben. Eine positivere Bewertung der Interkation mit Studierenden durch den Einsatz von Vorlesungsaufzeichnungen könnte aus Sicht der Autorinnen und Autoren in zwei Aspekten begründet liegen: Zum einen in einer positiven Honorierung des Vorhandensein der Vorlesungsaufzeichnungen durch die Studierenden, zum anderen könnte dadurch Zeit für stärker auf Interaktion ausgerichtete Formate wie Sprechstunden frei geworden sein.
Auf diesen Ergebnissen aufbauend empfehlen die Autorinnen und Autoren daher, reine Vorträge stärker asynchron für das individuelle Selbststudium anzubieten und Kontaktzeiten stärker für studierendenorientierte Lehr-/Lernszenarien zu nutzen. Besonders bedeutend scheint in der Online-Lehre die Fähigkeit, in digitalen Settings ausreichend Feedback geben zu können. Plattformen zum Datenaustausch sowie die Nutzung von Abstimmungstools (zum Beispiel für einen Selbsttest des Lernstands) können hier sinnvolle, relativ wenig aufwendige Hilfsmittel darstellen.
Die Beiträge finden Sie in voller Länge unter dem folgenden Link:
https://cos.bibl.th-koeln.de/files/947/FIHB_Band_11_web.pdf
Literatur:
Prenzel, M. & Drechsel, B. (1996). Ein Jahr kaufmännische Erstausbildung: Veränderungen in Lernmotivation und Interesse. Unterrichtswissenschaft, 9, 217–234.