Einerseits gibt es fachspezifische IT-Kenntnisse (Informationstechnik). Beispielsweise benötigten Absolvent:innen der BWL Kenntnisse über das Handling von Geschäftsdaten in einem SAP-System, Maschinenbauer:innen sollten wissen, wie man eine CAD-Software bedient und Informatiker:innen müssen ihre Entwicklungsumgebung beherrschen. Diese fachspezifischen IT-Kenntnisse werden in diesem Beitrag bewusst nicht angesprochen.
Welche allgemeinen IT-Kenntnisse werden von unseren Absolvent:innen benötigt? In der Literatur werden seit ein paar Jahren verschiedene Fähigkeiten unter dem Begriff Digital Literacy diskutiert. Schaut man sich den Begriff Literacy an, so wird häufig eine Alphabetisierung und eine Grundbildung vorausgesetzt, ehe Bildung (Literacy) erzielt werden kann. Je nach Quelle, gibt es die drei, vier oder fünf wichtigen Skills. Und diese unterscheiden sich je nach Autor:in dann wieder voneinander. Einige dieser Fähigkeiten sind die folgenden:
- Ständig kommt neue IT, kommen neue Apps auf den Markt. Alte Apps werden erweitert und ständig aktualisiert. Genauso, wie die IT und die Apps sich ständig weiterentwickeln, müssen auch die Anwender:innen bereit sein, sich ständig weiterzuentwickeln und selbst offen und neugierig sein und regelmäßig nach neuen Lösungen zu suchen.
- Wie jede Disziplin gibt es auch in der IT eine Reihe von Fachbegriffen: Cloud, KI, BigData, … Digitale Kompetenz bedeutet, dass man sich bei diesen Begriffen auskennt. Das heißt nicht notwendigerweise, dass man eine KI implementieren muss, aber man muss in der Lage sein, die Begriffe entsprechend einzuordnen.Es gibt einige Plattformen, die sich zu Quasi-Standards entwickelt haben: Z.B. Microsoft bei der Bürosoftware oder Google im Internet. Viele Anwendungen orientieren sich an diesen Standards, wenn man die wichtigsten Anwendungen von Microsoft und Google beherrscht, hat man wenig Schwierigkeiten, sich in neue Anwendungen einzuarbeiten.
- Arbeiten im Team ist heutzutage ein Muss. Viele Unternehmen nutzen heutzutage verschiedenste Werkzeuge zur Koordination, Kooperation oder Kommunikation über das Internet. Bei unternehmensübergreifender Zusammenarbeit wird dabei häufig die verwendete IT gewechselt. Arbeitnehmer:innen sollten diese Werkzeuge kennen und nutzen können.
- Der ständige Einsatz von IT erfordert die Fähigkeit über IT zu kommunizieren. Dazu gehört beispielsweise eine hilfreiche Beschreibung von Fehlern an den IT-Support zu geben, präzise die Anforderungen an eine IT zu spezifizieren oder eine Software denen zu erklären, die bislang noch nicht damit gearbeitet haben.
- IT stellt heute auf vielfältige Weise eine Bedrohung dar. Sei es durch Angriffe auf die eigene Infrastruktur, sei es durch Mobbing oder Falschinformation. Ein Verständnis darüber, welche Risiken es gibt, wie man sich schützen kann, welche Daten man nicht auf sozialen Plattformen teilen sollte, wird zunehmend wichtiger.
- Der Umgang mit Daten ist in den letzten Jahren zunehmend in den Mittelpunkt gerückt. Daher gibt es mittlerweile neben dem Begriff Digital Literacy auch noch den Begriff der Data Literacy. Hier geht es um die Fähigkeit mit Daten zu arbeiten, Daten zu beschaffen, auszuwerten, zu interpretieren und Handlungen aus den gewonnenen Erkenntnissen abzuleiten.
Sucht man im Internet nach dem Begriff Digital Literacy, ergibt sich insgesamt der Eindruck, dass das Thema relevant ist, dass es Versuche gibt, das Thema zu strukturieren und einzugrenzen, dass aber die Vorstellungen von Digital Literacy sehr unterschiedlich sind.
Nochmal: Welche allgemeinen IT-Kenntnisse und IT-Kompetenzen sind aus Ihrer Sicht für unsere (zukünftigen) Absolvent:innen notwendig? Und welche Konsequenzen ergeben sich aus der Antwort auf diese Frage für unser Curriculum? Müssen die notwendigen Kompetenzen Teil des Studiums sein oder können wir darauf vertrauen, dass diese Fähigkeiten schon in der Schule unterrichtet werden oder dass die Studierenden sich diese Kenntnisse selber aneignen? Wie werden diese Kompetenzen am besten unterrichtet? Als eigenes Modul? Oder als methodische Ergänzung im Rahmen bestehender Module?
Es gibt bereits Hochschulen, die Digital Literacy als freiwillige Lernangebote anbieten. Als Beispiel sei hier die Uni Göttingen erwähnt (https://www.uni-goettingen.de/de/609733.html ). Was macht die FH Aachen, was machen wir? Ich selber habe auch keine konsistente Antwort, bin mir aber sicher, dass dieses Thema adressiert werden muss.
4 Kommentare
Ein sehr spannendes und wichtiges Feld! Danke für den Überblick! Aus meiner Sicht sollten Hochschulen Ihren Studierenden Digital Literacy vermitteln, im Idealfall als fester Bestandteil der Curricula. Es ist nicht davon auszugehen, dass Schulen dies bereits in ausreichendem Maße abdecken, um die zukünftigen Arbeitnehmer*innen auf den sich wandelnden Arbeitsmarkt vorzubereiten.
Ich danke Ihnen auch für diesen spannenden Beitrag Herr Kollege Jacobs. Ich finde es super, dass der FB 7 sich diesem Thema ja auch schon in fachbereichseigenen Workshops genähert hat. Auf die Frage, was die FH Aachen will, gibt es vermutlich bald mehr antworten (siehe Strategieprozess).
Würden Sie denn vorschlagen, dass es eine Festlegung für die relevanten fachübergreifenden „Future Skills“ gibt? Oder liegt das eher auf Fachbereichsebene?
Ob es fachübergreifende „Future Skills“ gibt? Da bin ich mir nicht sicher. Vermutlich gibt es einige Basis-Skills, die alle benötigen, und einige weitere, die dann fachspezifisch sind. Wenn ich mir obige. Beispiele nochmal anschaue, würde ich alle als Basis-Skills einordnen.
Die Frage nach einem „Basis Set“ von Kompetenzen läuft tatsächlich auf ein Kerncurriculum hinaus. Es mag Wunschdenken sein, dass sich dies organisch aus den Curriculumswerkstätten perspektivisch entwickeln wird. Letzlich halte ich klar bottom up Prozesse aus den Fachbereichen zumindest initial für zielführender als Vorgaben z.B. eines Rektorates oder einer Kommission. Nicht zuletzt ist hier das hohe Gut der Lehrfreiheit berührt. Dies sollte uns in den Dekanaten und im Rektorat allerdings nicht davon abhalten das gemeinsame klare Committment zu Berufbefähigung und Befähigung zur gesellschaftlichen Teilhabe unseres Leitbildes konkret einzufordern und keine fassadenhaften Konstrukte zur Bestandwahrung des Bestehenden zu fördern.