Die Abkürzung BYOD steht für „Bring Your Own Device“, zu Deutsch also in etwa „Bringe dein eigenes Gerät mit“. Gemeint ist, private mobile Endgeräte der Studierenden, wie Smartphones, Tablets oder Laptops, mit in die Lehre an Schulen, Hochschulen und Universitäten zu integrieren. Für welche Szenarien bietet sich das private Endgerät an und was bedeutet das für die digital unterstützte Lehre an Hochschulen? In den kommenden Monaten möchten wir das Thema BYOD auf diesem Blog von mehreren Seiten beleuchten. Heute starten wir mit einem allgemeinen Überblick über das Konzept, seine Vorteile und Herausforderungen.
Hinter „Bring Your Own Device“ steckt ein Konzept, das Studierende dazu motivieren soll, auch in Lehrveranstaltungen mit ihren eigenen mobilen Endgeräten zu lernen. Diese Art des Lernens ist im Jahr 2022 nicht neu, ist es doch längst üblich, dass Studierende ihre privaten Geräte im Hochschulalltag nutzen. Es sind kleine Szenarien, aus denen das private mobile Endgerät der Studierenden nicht mehr wegzudenken ist: Studierende präsentieren die Ergebnisse von Gruppenarbeiten mittels ihres Laptops und vorhandener Präsentationstechnik. Zur Aktivierung der Studierenden in Vorlesungen bauen Lehrende einen QR-Code in die eigene Präsentation ein, damit die Studierenden an einer Umfrage teilnehmen oder auf zusätzliche Inhalte zugreifen können.
Diese Entwicklung setzt sich immer weiter fort, bis hin zu E-Klausuren, welche über die privaten Geräte der Studierenden durchgeführt werden. Doch welche Vorteile bringt uns der Einsatz dieses Konzeptes für die digital unterstützte Lehre wirklich und welche Herausforderungen ergeben sich?
Vorteile von BYOD
- Die Studierenden besitzen zum Großteil bereits mobile Endgeräte und kennen sich mit dem eigenen Gerät gut aus. Daher haben sie zum einen weniger Berührungsängste im Umgang mit der Technik. Zum anderen werden die Endgeräte auch zu Hause genutzt und können daher – anders als die fest installierten PCs der CIP-Pools – stärker für die asynchrone Lehre eingesetzt werden.
- Die Hochschule muss keine Geräte bereitstellen, was eine deutliche Kostenersparnis bei gleichbleibender Innovationsmöglichkeit für die Lehrenden bedeutet.
- Die allgemeine Motivation der Studierenden wird durch die Möglichkeit, mit dem vertrauten Endgerät lernen zu dürfen, gesteigert.
- Die Studierenden haben die Verantwortung für ihre privaten Geräte, müssen diese pflegen und mit sich führen – das fördert die Eigenverantwortung sowie die Selbstständigkeit.
Herausforderungen
- Die Studierenden haben die Verantwortung für ihre privaten Geräte, aber selbst bei bester Pflege und Fürsorge kann ein Defekt auftreten. Dieser kann unter Umständen nicht (rechtzeitig) von den Studierenden selbst behoben werden. Bei derartigen technischen Problemen oder einem Komplettausfall bedarf es zeitnah an Ersatzgeräten sowie eines Supports, der sich mit der unterschiedlichen Betriebssoftware auskennt. Das Problem: Viele Hochschulen können diesen Support gar nicht leisten.
- Auch bezogen auf die Sicherheit der Geräte ergibt sich hier eine Hürde: Diese liegt nämlich auch in der Hand der Studierenden – sowohl physisch (Diebstahlschutz, Schutz vor äußeren Beschädigungen), als auch bezogen auf den Virenschutz. Die IT (oder in unserem Fall, die DVZ) kann nur Empfehlungen für Antiviren-Software geben.
- Gleichberechtigter Zugang: Der Besitz eines Smartphones, Tablets oder Laptops, welches die geforderten Bedingungen erfüllt, wird zur Voraussetzung für die Teilnahme an (Lehr-)Veranstaltungen gemacht. Es muss alternative Lösungen für Personen geben, die keines dieser Geräte besitzen, andernfalls müssen sie sich um ein Leih- oder Mietgerät kümmern oder werden automatisch ausgeschlossen.
- Ein vielfältiger Zugang zu Inhalten sollte keine Herausforderungen für die Studierenden bedeuten: Eine komplizierte Installation von Anwendungen auf dem privaten Gerät sowie Nutzungsaufforderungen ohne entsprechende Anleitung sollten wenn möglich vermieden werden.
- Ein ausreichender WLAN-Zugriff sowie eine ausreichende Stromversorgung müssen gewährleistet sein.
Die gelebte Praxis
Im Rahmen von BYOD erwarten wir von den Studierenden, dass sie sich mit ihrem privaten Endgerät entsprechend auskennen, um die geforderten Aufgaben bearbeiten zu können. Doch dies ist der Erfahrung nach nicht immer der Fall. Daher fragen wir uns: Wenn wir nach dem BYOD-Konzept handeln wollen, müssen wir dann nicht auch eine Lehre anbieten, die den richtigen Umgang mit den Geräten schult?
Man könnte meinen, als Hochschule würden wir den Studierenden durch technischen Support sowie Betreuung seitens der IT entgegenkommen. Die Realität zeichnet häufig ein anderes Bild: Die zuständigen Stellen können einen zusätzlichen Support für private Endgeräte der Studierenden gar nicht leisten, es fehlt den meisten Hochschulen in Deutschland dafür schlicht und ergreifend an Kapazitäten für bestehendes Personal und Finanzierungsmöglichkeiten für zusätzliche Stellen in diesem Bereich.
Ein klarer Vorteil scheint die Kostenersparnis für die Hochschule zu sein. Indem es den Studierenden im Rahmen des BYOD-Konzeptes obliegt, ein einsatzfähiges und kompatibles Gerät mit in die (Lehr-)Veranstaltungen zu bringen, geben wir als Hochschule sowie als Lehrende die Verantwortung gänzlich ab. Doch welche Verantwortung kann die Hochschule den Studierenden übertragen? Was können wir von ihnen verlangen – und was nicht?
Wir merken, die Herausforderungen bei der Umsetzung des BYOD-Konzeptes sind nicht zu unterschätzen. Dennoch birgt der Einsatz viele Möglichkeiten für die digital unterstützte Lehre, was uns die Beispiele aus der Praxis zeigen. Dr. Bastian Küppers schrieb seine Doktorarbeit zum Thema „Development of a Framework for E-Assessment on Students’ Devices“ und beschäftigt sich bereits seit gut 10 Jahren mit dem BYOD-Konzept. Er erzählt uns, welche Erfahrungen er gemacht und wie das Konzept seine Lehre verändert hat. Zu lesen in den kommenden Wochen hier im Blog. Stay tuned!
Haben Sie Erfahrungen mit BYOD in der Praxis Ihrer Lehre gemacht und möchten diese mit uns und anderen Lehrenden teilen? Dann kommentieren Sie einfach unter diesem Beitrag oder wenden Sie sich an: [email protected]
Laura Heine
Studierte Medienwissenschaftlerin (MA) und Digital Learning Managerin. Mitglied des Arbeitsbereichs E-Learning im ZHQ.
3 Kommentare
Was selbstverständlich nicht selbstverständlich ist – wichtiges Thema, berührt auch ein allgemeines Verständnis zu Inklusion und (digitalen) Barrieren. Freue mich auf die weiteren Beiträge hierzu.
Hier sind noch einige „Erfahrungen aus einer Open-Book- und Open-Web-Präsenzprüfung in den Grundlagen der Elektrotechnik“ mit einem BYOD-Konzept für die internetfähigen Endgeräte der Studierenden:
https://mathiasmagdowski.wordpress.com/2021/10/16/open-web-praesenzpruefung/
Für die Hybridlehre ist das BYOD-Konzept auch für Lehrpersonen interessant:
„Bring-Your-Own-Device-Setup für hybride Lehrveranstaltungen“
https://mathiasmagdowski.wordpress.com/2022/02/20/byod-hybridlehre-koffer/
Das sind spannende Erfahrungen und eine interessante Vorgehensweise für BYOD Klausuren. Wird die Prüfung in diesem Semester auch in derartiger Form durchgeführt oder haben Sie das Konzept weiterentwickelt?
Nach Beitragsautor