Badges in der Lehre – Überflüssige Spielerei oder überzeugender Motivationsfaktor?

Wer bei Badges an Dienstmarken der amerikanischen Polizei oder Aufnäher für Pfadfinder:innen denkt, liegt im Grunde genommen gar nicht mal so falsch. Badges sind tatsächlich Abzeichen für nachweisbare Fähigkeiten und erbrachte Leistungen. Wir haben uns allerdings mit ihrem vermehrten Einsatz in der digital unterstützten Lehre beschäftigt. Als kleine digitale Zertifikate können Badges im Rahmen des selbstgesteuerten Lernens beispielsweise innerhalb von ILIAS-Kursen eingesetzt werden.

Lebenslanges Lernen und Open Badges

Für Open Education sowie für lebenslanges und selbstgesteuertes Lernen – insbesondere außerhalb der Schule – fehlt es noch heute an standardisierten, anerkannten Nachweisen. Um diesem Problem entgegenzuwirken rief unter anderem die Mozilla Foundation das Projekt Open Badges ins Leben. Open Badges sind nicht proprietär und möchten durch eine gemeinsame technische Infrastruktur im Internet ermöglichen, dass lernende Personen Anerkennung und Auszeichnungen für erbrachte Leistungen und erworbene Fähigkeiten erhalten. Haben sie Micro Degrees, also kleinste Studieninhalte oder Bildungskurse, absolviert und entsprechende Kenntnisse erworben, erhalten Lernende mit dem Badge ein digitales Zertifikat. Dieses können sie zur Selbstpräsentation in Bewerbungen oder über soziale Netzwerke wie XING und LinkedIn teilen. Hierdurch eröffnen sich für Lernende ganz neue Bildungs- und Karrierechancen.  

„Micro-Degrees und Badges haben vielfältige Potenziale. Dies gilt in Bezug auf die Organisation des Lernens, die Steigerung der Motivation, die Unterstützung der Modularisierung, die Erhöhung von Transparenz, die Förderung von Durchlässigkeit, die Weiterentwicklung des Marketings sowie neue Ansatzpunkte der Kommunikation zwischen Lernenden und Lehrenden.“

Aus: „Micro-Degrees und Badges als Formate digitaler Zusatzqualifikation“- Paper der Mitgliederversammlung der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) vom 24.11.2020.

Nutzt eine Institution Open Badges, steckt hinter dem Badge mehr als nur ein hübsches Bildchen. Das Zertifikat wurde von einer zuverlässigen Organisation beglaubigt. Darin enthalten ist ein Code, der Informationen über die Institution, Kriterien, den Zeitraum sowie erbrachte Leistungen anzeigt – es wird also transparent, was die lernende Person tun musste, um das Badge zu erhalten.

Die Herausforderung: Es gibt bislang keine Standards oder Qualitätskriterien für die Anbieter:innen von Badges. Somit ist auch deren Aussagekraft eher gering. Damit Badges diese erhalten, müssen auch die Qualitätskriterien und die Qualitätskontrolle definiert werden.

Badges in der eigenen Lehre nutzen

Übertragen auf die akademische Lehre bedeutet der Einsatz von Badges, kleine Motivationsanreize für Studierende setzen zu können. Micro-Degrees können ideal als niedrigschwelliges Einstiegsangebot im Rahmen des Curriculums oder als Angebote zum Erwerb von Schlüsselkompetenzen oder Future Skills fungieren. Innerhalb von ILIAS-Kursen können Badges dann einerseits als Nachweise für die erworbenen Kompetenzen aus diesen Angeboten dienen.

Die Gamification-Elemente können andererseits auch unabhängig von Micro-Degrees sinnvoll in ILIAS eingesetzt und vergeben werden: als digitales Abzeichen für eingereichte Übungen, bestandene Tests oder absolvierte Lernmodule. Dies geschieht automatisiert oder manuell durch die Kursleitung oder Tutor:innen. Badges bewirken eine Anerkennung der Leistungen von Studierenden und somit eine Förderung des selbstgesteuerten Lernens. Die erworbenen Ergebnisse von Lehr- und Lernformaten werden transparenter. Badges bieten Studierenden darüber hinaus einen Anreiz, sich zu engagieren und das persönliche Portfolio zu erweitern. Die Studierenden können hiermit ihre Kompetenzen, die sie im Rahmen des Curriculums, aber auch außerhalb erworben haben, sichtbar machen.

Micro-Degrees und Badges sollten allerdings nicht als neue Währung des lebenslangen (Online-) Lernens verstanden werden. Ihre Nutzung erscheint mehr als eine sinnvolle Ergänzung und Anreicherung der sonstigen Lehre.

Auch an der FH Aachen haben Badges bereits Einzug in die digital unterstützte Lehre gehalten. Prof. Dr. Mark Knüppel und Thomas Schwalm aus dem Fachbereich Wirtschafts-wissenschaften haben diese Funktion bereits in mehreren Kursen umgesetzt. Zum Thema „Steigern Sie die Lernmotivation Ihrer Studierenden mit Badges“ werden sie uns in der digitalen Tafelrunde am 20. Oktober mehr über ihre Erfahrungen und den Einsatz von Gamification-Elementen wie Badges berichten.

Weitere Informationen unter: ZHQ-Veranstaltungshinweise

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Laura Heine
Wiss. Mitarbeiterin | Beiträge

Studierte Medienwissenschaftlerin (MA) und Digital Learning Managerin. Mitglied des Arbeitsbereichs E-Learning im ZHQ.

3 Kommentare

Ich habe in diesem Jahr Badges für einen Mastery-Learning-Ansatz in meinem Mathematik-Aufbaukurs „Fit für die Elektro- und Medizintechnik“ an der Otto-von-Guericke-Universität in Magdeburg eingesetzt. Das hat so mittelmäßig gut funktioniert.
1. Herausforderung: In unserem zentralen Lernmanagementsystem sind Badges standardmäßig (aus Sicherheitsgründen) deaktiviert, weshalb sie wenig verbreitet sind, wenig genutzt werden und dementsprechend auch wenig anerkannt und wertgeschätzt werden.
2. Herausforderung: Studierende haben die optionalen Aufgaben bzw. Einreichungen zum Erlangen der Badges kaum gelöst oder hochgeladen. Insgesamt wurden also bis zum Ende des Kurses nur sehr wenig Badges verteilt, so dass sich der Aufbau für die Einrichtung des Verfahrens kaum gelohnt hat (was natürlich auch mit Punk 1 zusammenhängt).
Insgesamt sind Badges also ein interessanter zusätzlicher Motivationsaspekt, bei dem zumindest für mich als Lehrperson aber Aufwand und Nutzen nicht in einem sinnvollen Verhältnis zueinander standen.

Vielen Dank für diesen spannenden Einblick in Ihre Lehre, Herr Magdowski! Ich sehe tatsächlich die gleichen Herausforderungen bezüglich der Verbreitung und daher Anerkennung und Wertschätzung. Denke aber gleichzeitig, dass es Vorreiter wie Sie benötigt, um eben jene Hürde zu überwinden. Ich bin gespannt, welche Erfahrungen die Lehrenden an der FH Aachen dazu gemacht haben. Sollten Sie Interesse an einem Austausch in der digitalen Tafelrunde am Donnerstag, den 20. Oktober haben, melden Sie sich gerne bei uns und kommen Sie dazu!

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