Lernen mit Minecraft – Gamification in der Siedlungswasserwirtschaft

Für die Vorlesung lernen und gleichzeitig das eigene Hobby ausleben?

Mit diesem Gedanken hat sich die Siedlungswasserwirtschaft im Fachbereich Bauingenieurwesen unter der Leitung von Prof. Grömping beschäftigt. Zusammen mit dem DoLL-Standortberater vor Ort (Stefan Fischer) haben sie im Frühjahr 2023 das Projekt „Lernen mit Minecraft – Gamification in der Siedlungswasserwirtschaft“ in die Welt gerufen. Das Ziel: Minecraft-Welten ergänzen oder ersetzen ILIAS-Tests als Prüfungsvorleistung. So können die Studierenden die Fragen dann durch spielerisches Ausprobieren und Vergleichen beantworten, anstatt sich nur mit (abstrakten) Rechnungen befassen zu müssen.

Vor Beginn des Projekts waren ganz verschiedene Videospiele im Gespräch – vor allem jene, die Prof. Grömping bereits durch seinen Sohn kannte. Bei der Auswahl musste aber dringlich auf die „Usability“ geachtet werden. Denn die Spiele müssen Funktionen hergeben, die es ermöglichen, Lehrinhalte darzustellen und interaktiv zu gestalten:  beispielsweise könnte man mit dem Fußballsimulator EA Sports FC (ehemalig FIFA) nicht zielführend Lehrinhalte vermitteln.

Nach der Besprechung einiger Alternativen haben wir uns dann auf das Sandbox-Spiel Minecraft geeinigt.  Dieses Spiel erfüllt alle Kriterien, die das digitale Lehrprojekt benötigt:

  • Es hat eine unglaublich große Spielerbasis, denn es ist schon seit längerer Zeit das beliebteste Videospiel auf dem Markt und wird sowohl von jüngeren, als auch von älteren Spieler:innennach wie vor sehr gerne gespielt.
  • Zusätzlich kann man mit den Blöcken im Spiel wunderbare Bauwerke und Terrains herstellen, die mit vertieftem Wissen über das Spiel auch tatsächliche, dynamische Funktionen des Wasseringenieurbaus widerspiegeln können.
  • Es wurde bereits sehr oft für (Hoch-)Schulprojekte auf der ganzen Welt verwendet.

Nachdem die Plattform besiegelt wurde, sind wir mit einem Poster auf HiWi-Suche gegangen. Wir haben zusätzlich zu dem Aushang in der Bayernallee 9 auch Poster in der Eupener Straße aufgehangen, da wir uns dort eine noch höhere Dichte an Videospielfreund: innen erhofft haben. Hier haben wir einen Minecraft-erfahrenen Studenten gefunden, der bereits bei vielen ähnlichen Projekten mitgearbeitet hat und schon in der Grundkonzeption des Projektes viele Anstöße geben konnte. Zu fast jeder Idee, die Prof. Grömping in den Raum warf, konnte er nach kurzer Bedenkzeit sagen: „Ja lässt sich umsetzen!“ Mittlerweile umfasst das Minecraft-Team mehrere HiWis, die aus verschiedenen Fachbereichen der Hochschule zusammenkommen.  

Was genau können die Studierenden in den Minecraft-Welten erleben?

Nach dem Einwählen auf den Server stehen die Nutzer:innen auf dem liebevoll nachmodellierten Vorplatz des Aachener Hauptbahnhofes und können von hier auseinen Bus zu einem Bauwerk bzw. zu einer Exkursion nehmen. Begonnen hat das Projekt mit 2 Bauwerken:

  • Der fluktuierende Wasserspeicher wird für die Wasserversorgung einer Stadt gebraucht. Hier wurde detailverliebt eine kleine Version von Aachen als Verbraucher des Wassers errichtet und diese müssen die Studierenden nun ausreichend mit Wasser versorgen. Dieser  Dimensionierung, die üblicherweise ein Knackpunkt in der Vorlesung darstellt, können sich die Spieler:innen durch einen Variantenvergleich verschieden großer Speicher spielerisch annähern und Tagesabläufe simulieren.
Ein fluktuierender Wasserspeicher für die Versorgung eines virtuellen Aachens in Minecraft
Abbildung 1: Ein  fluktuierender Wasserspeicher für die Versorgung eines virtuellen Aachens
  • Der Vertikalbrunnen wird zur Förderung von Grundwasser aus dem Boden genutzt. Hier wird hauptsächlich gezeigt, wie sich der Spiegel des Grundwassers in der Nähe eines derartigen Brunnens verhält.
Ein Vertikalbrunnen, Visualisierung des Grundwasserstandes
Abbildung 2: Ein Vertikalbrunnen, Visualisierung des Grundwasserstandes

Nachdem absehbar war, dass die Ingenieurbauwerke tatsächlich in Minecraft umsetzt werden können, wurde das Angebot an „Fahrzielen“ am „Hauptbahnhof“ direkt weiter vergrößert. Dazugekommen ist ein Pumpspeicherkraftwerk, das mittels Lageenergie für die Stromspeicherung und -Versorgung genutzt wird. Hier können die Studierenden spielerisch vergleichen, wieviel Volumen an Wasser in so einem 20 Meter hohen Kraftwerk eingelagert werden muss, um verschiedene elektrische Geräte und im Weiteren kleine Städte etc. versorgen zu können. Dadurch können sie ein sehr gutes Gefühl für die Dimensionen und Mengenverhältnisse in der Energiegewinnung mit Wasser bekommen.

Ein Pumpspeicherkraftwerk zur Energiegewinnung
Abbildung 3: Ein Pumpspeicherkraftwerk zur Energiegewinnung

Im Rahmen der Siedlungswasserwirtschaft sind momentan zwei weitere Ziele in Bearbeitung:

  • Eine Membran-Filteranlage, durch die die Spieler:innen als geschrumpfte Menschen durchgehen können, um verschiedene Filterstufen und deren Wirkung verstehen zu können.
Eine Schicht in der UV-Filtration in Minecraft
Abbildung 4: Eine Schicht in der UV-Filtration
  • Ein Überschwemmungsgebiet, das zur Veranschaulichung von Wasserdruck in Abhängigkeit des Wasserstandes und auch z.B. für Präventionsmaßnahmen in gefährdeten Orten genutzt werden kann.
Überschwemmungsgebiet für verschiedene Aufgaben
Abbildung 5: Überschwemmungsgebiet für verschiedene Aufgaben

Während des Aufbaus konnte das Projekt auch von FH-internen Förderungen profitieren und sich so noch besser weiterentwickeln. Darunter befand sich die K1-Förderung für studentische Projekte und die Förderung durch das DoLL-Team. Diese Zuschüsse konnten sehr gewinnbringend für weitere HiWi-Stunden, sowie für Lizenzen und Servermietbeiträge verwendet werden. Durch die gute Vernetzung im Fachbereich sind bereits weitere Professor:innen auf die Idee aufmerksam geworden, sodass wir wahrscheinlich auch bald Minecraft-Projekte in anderen Bauingenieur-Disziplinen sehen können. Darüber hinaus kann die Idee von begehbaren Minecraft-Welten fachbereichsübergreifend in jeder Thematik genutzt werden, in der Dinge dargestellt, verglichen oder ausprobiert werden sollen. Sie können sich bei Interesse gerne bei dem Team um Prof. Grömping für einen Erfahrungsaustausch melden.

Abschlussbild, Pumpspeicherkraftwerk im Sonnenuntergang
Abbildung 6: Abschlussbild, Pumpspeicherkraftwerk im Sonnenuntergang

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Laura Heine
Wiss. Mitarbeiterin | Beiträge

Studierte Medienwissenschaftlerin (MA) und Digital Learning Managerin. Mitglied des Arbeitsbereichs E-Learning im ZHQ.

Stefan Fischer
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